Für eine Einstiegsgebühr von 15 000 Euro verkuppelt die Partnervermittlungsagentur «Ivy International» Wohlhabende auf der Suche nach Liebe. Im Interview mit der Mannschaft erklärt Gründerin und CEO Inga Verbeeck, warum sie diese stolze Summe verlangt – und warum auch Menschen mit kleinerem Portemonnaie zu ihren Kunden gehören.
Inga, wie kamst du darauf, deine Agentur zu gründen?
Durch Zufall (lacht)! Ich war jahrelang in der Stahlindus – trie tätig, im Unternehmen meiner Eltern. Als sie die Firma verkauften, suchte ich eine neue Herausforderung. Eine Freundin von mir arbeitete in London bei einer Partnervermittlungsagentur. Durch sie kam ich mit die – sem Business in Kontakt. Ich war fasziniert davon und entschloss, meine eigene Agentur zu gründen. Auch wenn es nicht immer ganz einfach ist – ich liebe meinen Job!
Was braucht es, um eine erfolgreiche Partnervermitt lerin zu werden?
Sehr viel Einsatz und Leidenschaft! Wenn das Herz nicht dabei ist, funktioniert es nicht. Zudem ist ein Min – destmass an Lebenserfahrung notwendig. Man muss verstehen können, wie die Klienten ihr Leben führen und was sie beschäftigt. Schliesslich hilft es, über eine gewisse Intuition zu verfügen. Man muss spüren, wer für wen passen könnte.
Wie viele Klienten und Klientin nen habt ihr?
Zurzeit sind es rund 2 000.
Und wer sind diese Menschen?
Ganz unterschiedliche Personen. Unternehmer und Industrielle, Schriftstellerinnen, Künstler, Journalistinnen oder bekannte Fotografen, aber auch Politiker und Mitglieder europäischer Königshäuser.
Das klingt nach einer ziemlich exklusiven und elitären Klientel. Gerade auch in Anbetracht der Tatsache, dass die satte Gebühr von 15000 Euro zahlen muss, wer bei Ivy International Mitglied werden will.
Zu einem gewissen Grad stimmt das, ja. Es ist aber nicht jedes Mitglied schwerreich. Wir haben auch Klienten, die einfach über ein solides Einkommen verfügen und die bewusste Entscheidung treffen, einen Teil davon in un – sere Leistungen zu investieren.
Alles in allem bewegen sich eure Mitglieder aber in hohen Einkommensklassen. Warum wolltest du für wohlhabende Personen arbeiten?
Das war weniger ein konkreter Vorsatz als vielmehr Fol – ge meiner eigenen Überzeugung und Vorstellung davon, wie ich arbeiten möchte. Um meine Klienten vermitteln zu können, muss ich sie richtig kennen lernen. Das ist zeitaufwändig, ich investiere mehrere Tage in jede Per – son. Unsere Kosten stehen in einem entsprechenden Verhältnis.
Schränkt die hohe Mitgliedschaftsgebühr den Kreis potenzieller vermittelbarer Kandidaten und Kandida tinnen nicht allzu sehr ein?
Das werde ich immer wieder gefragt. «Inga, sorgst du nicht dafür, dass die Reichen unter sich bleiben?» Ich sehe das nicht so. Wenn meine Mitarbeitenden oder ich selbst auf Personen treffen, die spannend und interessant sind, die aber die Gebühr nicht zahlen wollen oder kön – nen, dann nehmen wir sie in unsere «ruhende» Daten – bank auf. Wenn ich der Ansicht bin, eine solche Person könnte zu einem Aktivmitglied passen, dann frage ich den zahlenden Klienten, ob er diese Person kennen ler – nen möchte. Insofern besteht sehr wohl die Möglichkeit, dass sich Leute mit unterschiedlichem Hintergrund und Kontostand kennenlernen.
Was bedeutet «spannend und interessant» für dich?
Das kann sich auf die Ausbildung, den Beruf oder auch auf das Aussehen beziehen. Wenn eine solche Person da – ran interessiert ist, in unsere Datenbank aufgenommen zu werden, dann führen wir mit ihr den ganzen Bewer – bungsprozess inklusive Backgroundcheck durch. Abge – sehen von der Aufnahmegebühr gelten also dieselben Voraussetzungen wie bei zahlenden Klienten. Ich bin eine hoffnungslose Romantikerin und glaube sehr wohl daran, dass auf diese Weise vielversprechende Kombina – tionen entstehen können. Gleichzeitig bin ich aber auch überzeugt davon, dass Geld oft eine Rolle spielt. Meist ist es leichter, zwei Personen zu ver – kuppeln, die sich den gleichen Lebensstil leisten können.
Ist es für reiche Menschen schwieriger, einen passenden Partner zu finden?
Dieser Ansicht bin ich, ehrlich gesagt – aus verschiedensten Gründen. Oft haben wohl – habende Leute einen gewissen Einfluss und sozialen Status. Damit sind Erwartungen verbunden, wie man sich verhalten und mit wem man zusammen sein sollte. Zudem stellen diese Menschen häufig hohe Anforderun – gen an sich selbst, sonst wären sie nicht in den Positio – nen, in denen sie sind. In der Folge sind sie auch mit anderen Leuten meist ziemlich streng. Teilweise sind sie auch ein wenig traumatisiert. Sie fragen sich, ob der Partner nur am Geld und am Luxus oder wahrhaftig an ihnen als Person interessiert ist. Schliesslich ist die Suche gerade für erfolgreiche und wohlhabende Frauen ziem – lich schwierig. Viele Männer sind vom Erfolg einer Frau noch immer abgeschreckt. Das ist unnötig! Ich kenne viele solcher Frauen. Am Abend wollen auch sie nichts anderes, als einen Jogginganzug anziehen und sich ge – liebt, aufgehoben und beschützt fühlen.
Wie sieht euer Aufnahmeprozess im Detail aus?
Wenn sich jemand bei uns anmelden will, dann führen wir ein erstes Interview durch. Das dauert in der Regel zwei bis drei Stunden. Kommt die Person als Mitglied in Frage, dann laden wir sie für ein zweites Gespräch ein und erstellen ein Dossier. Dann folgen in der Regel die ersten Dates, wobei wir nach jedem Treffen ein Feedback einholen und uns mit den Beteiligten austauschen. Im Schnitt dauert es rund drei Monate, bis wir einen Klien – ten richtig kennen.
Nach den Dates hast du also jeweils eine «Lagebesprechung» mit den Betroffenen.
Ja, das ist zentral für meine Arbeit. Ich muss wissen, wie es lief, was den beiden gefallen hat und was sie weniger toll fanden. So finde ich wieder Neues über die Klienten heraus und kann sie künftig besser einschätzen. Zudem vermittle ich nicht nur Kontakte. Ich coache und beglei – te die Klienten auch zu einem gewissen Grad und zeige ihnen Verhaltensmuster auf, die sie dringend ändern müssen. Viele Menschen verbrin – gen so viel Zeit hinter dem Com – puter und auf der Arbeit, dass sie den Umgang mit anderen Men – schen verlernen und teilweise den objektiven Blick auf sich selbst und das eigene Benehmen verlieren.
Und was machst du, wenn du mit einem potenziellen Mitglied sprichst und du merkst: Mit dieser Person kann ich nicht arbeiten! Der oder die ist schrecklich!
Dann lehnen wir die Zusammenarbeit ab. Das passiert in bis zu 20 Prozent der Fälle. Ein Grund dafür können falsche Erwartungen des Klienten sein. Wenn ein 60-jähriger, übergewichtiger Mann davon ausgeht, er müsse uns nur das Geld bezahlen und wir besorgen ihm eine Cindy Crawford, dann bringt das nichts. Das klingt jetzt vielleicht brutal und oberflächlich, aber man muss ehrlich und realistisch bleiben.
Welche Erfolgsrate habt ihr?
Rund 75 Prozent. Im Schnitt dauert es acht bis neun Monate, bis wir eine passende Kombination gefunden haben.
Wie definiert ihr «Erfolg»? Reichen ein paar Dates oder müssen die beiden heiraten?
Die beiden müssen mindestens eine einjährige Bezie – hung führen, damit wir die Verkuppelung als gelungen verbuchen. Gelegentlich erhalten wir plötzlich eine Hochzeitseinladung oder eine Geburtsanzeige nach ein paar Jahren – das sind dann sehr schöne Momente!
Du willst die «klassische Art des Datings» zurückbringen. Was verstehst du darunter?
Einfache, aber wichtige Dinge: Stell dein Telefon auf lautlos, lass es in der Tasche stecken und sprich mit der Person, die dir gegenübersitzt. Männer sollten Kavaliere sein und sich um die Frau bemühen. Wenn mir ein Mann nach dem Date erzählt, er habe die Frau nicht eingeladen, dann bringe ich ihn um (lacht) !
Gemäss Homepage erhalten eure Klienten und Klientinnen keine Informationen, mittels derer sie ein potenzielles Date identifizieren könnten. Im Klartext heisst das vor allem eines: Keine Bilder. Schickt ihr eure Kandidaten wirklich auf ein Blinddate?
Ja, wir arbeiten nie mit Bildern. Die Klienten wissen nicht, wie das potenzielle Date aussieht. Sie müssen und können darauf vertrauen, dass wir jemanden aussu – chen, der ihrem Geschmack entspricht. Und sie erhalten detaillierte Beschreibungen der anderen Person. Wie gross ist er, welcher Haarfarbe hat sie? Wir beschreiben Merkmale wie die Gesichtszüge, das Gewicht, die Figur oder die Augenfarbe.
Wie viele eurer Klienten sind schwul?
Rund zehn Prozent, also etwas über zweihundert. Ten – denz steigend.
Wendet ihr bei ihnen dieselben Verkupplungsregeln an wie bei Heteros? Oder müsst ihr Besonderheiten beachten, um allfälligen schwulenspezifischen Bezie hungsdynamiken gerecht zu werden?
Die grundlegenden Regeln sind dieselben. Wir werden von Menschen kontaktiert, die etwas Festes und Lang – fristiges suchen. In solchen Konstellationen sind meist dieselben Werte und Vorstellungen entscheidend – egal, ob ein homo- oder ein heterosexuelles Paar verkuppelt werden soll. Trotzdem habe ich einen schwulen Mitar – beiter in meinem Team, der sich um die schwule Klien – tel kümmert. Schliesslich kann es durchaus sein, dass ich einen homosexuellen Mann anders lese und verstehe als ein anderer schwuler Mann.
In einem Interview hast du einmal gesagt, in deinen Klientenkreisen herrschten oft noch gewisse traditio nelle Regeln. Viele Männer hätten Mühe damit, wenn die Frau reicher ist. Wie ist das bei Schwulen?
Teilweise stelle ich diese Tendenzen auch bei ihnen fest. Das überrascht aber insofern nicht, als dies eher mit dem Charakter einer Person zu tun hat und weniger mit ihrer sexuellen Orientierung. Insgesamt haben Männer oft ein Problem damit, wenn sie ein geringeres Einkommen erzielen als der Partner oder die Partnerin. Vor solch überflüssigem Konkurrenzdenken sind auch Schwule nicht gefeit.
Wenn du verallgemeinern müsstest: Wie sind eure schwulen Klienten?
Ziemlich viele von ihnen sind ein wenig älter, 35 Jahre und aufwärts, während sich unter unseren Heteroklien – ten auch 25-Jährige finden. Zudem haben wir einige schwulen Klienten, die lange nicht geoutet waren und deshalb im Umgang mit dem Thema noch etwas unsi – cher sind
Wie gestaltet sich eure Zusammenarbeit mit den schwulen Klienten?
Meiner Meinung nach ist die Arbeit mit ihnen relativ einfach. Zum einen sind sie tendenziell weniger kompli – ziert und verkrampft als die heterosexuellen Klienten. Natürlich geht es auch den schwulen Männern darum, den richtigen Partner zu finden. Sie haben oft aber auch einfach Freude daran, neue Leute zu treffen. Viele von ihnen finden es spannend, auf ein Date zu gehen. Sie schätzen die Begegnung – unabhängig davon, wie es danach weitergeht. Zudem sind sie in der Regel sehr kommunikativ und uns gegenüber äusserst offen und ehrlich. Auf diese Weise ist die Arbeit mit ihnen oft sehr produktiv. Zum anderen habe ich den Eindruck, dass das Alter für unsere schwulen Klienten ein eher nebensäch – liches Kriterium ist. Es kümmert sie nicht allzu sehr, wie alt ihr Gegenüber ist. Vielleicht hängt das damit zusam – men, dass viele Männer mit zunehmender Reife attrak – tiver werden – da habt ihr Glück (lacht)!
Interview by: Markus Stehle
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